We're just comrades
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«I spent almost three years with David. We had a good story. (We met when we were fourteen; I loved him immediately; he loved me much later but with such voracity that I didn’t feel bad about it.) He got me into communism and in return I got him into being in love. [...] We used to say we never fought, we just made each other sad. Here’s a list of the things we made each other sad about: Music. Parties. School. His family. My friends. The suburbs. Toronto, Vancouver, New York City. (We were always sad about New York City.)»
Rayne Fisher-Quann, against narrative
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«In Philosophieseminaren in Heidelberg war die erste Reihe grundsätzlich von auserwählten Jünglingen mit blassen Gesichtern in schwarzen Anzügen mit tiefen Hosentaschen mit schweren Schlüsselbünden darin besetzt, von Jünglingen, die immer sprechen durften und von diesem ihrem Recht ausführlich Gebrauch machten, Frauen im Seminar gab es nur wenige, Namen hatten wir nicht, wir saßen weit hinten und meldeten uns nur selten zu Wort, wenn doch, so wurden wir ohnehin nicht aufgerufen, wenn doch, so wurde ohnehin übergangen, was wir sagten, wenn nicht, so blieb, was wir sagten, im Raum stehen wie ein mit Helium gefüllter Ballon., der nach oben steigt, und dann unter der Decke hängen bleibt, bis ihm die Luft ausgeht und seine unberührte, schrumpelig gewordene Haut auf den Boden fällt, Referate durften wir halten, Namen hatten wir dann aber noch immer nicht, wir waren schlicht die Referentin, die Referentin wurde immer ausführlich und gebührend gelobt, was aber wahrscheinlich nur daran lag, dass man wenig bis nichts von ihr erwartete und überrascht war, dass sie überhaupt gerade Sätze und Gedanken formulieren konnte.»
Lilian Peter, stimmen hören (Versuch über das Anschlagen) (in: Mutter geht aus)
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«Snowball wanted to abolish work. He wanted no jobs and he wanted them never, but before we met he was seventeen and worked at the health food store and didn’t eat. He looked at photos of the camps being liberated for thinspo and couldn’t make it up a flight of stairs. This put him in the hospital, where he met some great purging individualists and some fucked‑up overachievers and some nice nurses who loved their jobs and a doctor who told him that he was sick because he was traumatized because he was poor. He read Marx and turned eighteen and he got better or “better” and he came to school to work, and he met me and we loved and we hated. »
Honor Levy, Shoebox World (in: My First Book)
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«Der Hegelmann war kein Unbekannter. Er hatte ein paar Jahre zuvor während meines Philosophiestudiums des Öfteren in gut besuchten Vorlesungen mit unvermittelten und ausführlichen Hegelverweisen auf sich aufmerksam gemacht und dadurch immer wieder die Inszenierung einer Öffnung der Vorlesung für Fragen aus dem Auditorium an ihre Grenzen gebracht. Sowohl seine Person als auch seine Einsprüche wurden von der Leistungspunkte sammelnden Studierendenschaft sofort als Fremdkörper erkannt. Die unausgesprochenen Regeln der Seriosität hatten sich selbst unter den Erstsemestern nach wenigen Tagen der universitären Praxis schon verbreitet. Das fortgeschrittene Alter, seine unpassende Erscheinung, die zitternde Stimme und sein wildes Gestikulieren waren eindeutige Indizien dafür, dass er nicht zum Establishment der Institution gehörte und also nicht zu jenen zu zählen war, deren Monologen man aufmerksam und andächtig zu folgen hatte. Nicht selten wurde er, in vorauseilendem Gehorsam gegenüber der professoralen Autorität, demonstrativ belächelt und vom Auditorium zum Schweigen angehalten, bevor die Professoren in die Verlegenheit kommen konnten, sich zum Einwurf verhalten zu müssen. In solchen Momenten findet Adornos Reden vom Lachen als Überlaufen zu den Instanzen, die es zu fürchten gilt, ihren Gegenstand.»
Luise Meier, Nachbarschaft (in: MRX Maschine)